Leseprobe:

Peter Reutterer: BEI MIR KIND (Prosa, Bibliothek der Provinz, 2022)

Die Welt war in einem dieser Kinderjahre aus leichtem Schnee. Schnee, der zudeckt. Die Mutter still, als wir drei Kinder endlich die Hauben aufgesetzt haben. Unsere Schuhe wirbelten Schnee in die Luft. Der Vater stürzte mit uns hinaus in das verspielte Schneegestöber. Hinter der Schwester und dem Bruder kam ich auf der Rodel zu sitzen. Ein leichter Ruck, es tat nicht weh. Ich war rücklings von der Rodel gekippt. Rasch war der Vater zur Stelle, rasch war ich zurück auf den Küchendiwan gelegt. Hinausgetragen aus dem Spielfeld. Die Mutter beugte sich über mich, entdeckte keine Verletzung am Hinterkopf, war beruhigt. Gut fühlte sich das Haar an, das sich an meines legte. Ein Glas Milch. Aber schon zwei Minuten später trat die Mutter wieder weg zur Kochwäschen am Herd. Draußen das Los und Vorwärts der Geschwister. Ich außerhalb des Spielfeldes versetzt. Am Rand. Die Mutter sah nach mir, ihr Blick verhangen. Ihre Gedanken verklammert. Immerzu büßen. Ihre Hand löste sich aus meinem Haar, ging den nassen Strumpfhosen im Vorhaus entgegen. Im Hof begann die Schaufel den Schnee über dem Sand wegzukratzen. Die Geschwister rot, nass und durchgeatmet. Am Morgen wiederum Neuschnee, der die Welt zudeckt.

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