Leseprobe:

Peter Reutterer: Forsthaus (Kurzprosa, Bibliothek der Provinz, 1997)

Die weißen Bäuche der Fische. Gelbe und graue Schuppen. Die Fische schnappen nach Luft. Für kurze Zeit zappeln sie im Bottich. Der Vater schlägt mit dem Holzprügel zu. Sobald die Fische in der Pfanne brutzeln. Vergessen wir. Salz auf der Knusperhaut der Karpfen und Schleien. Gutes Essen rettet den Tag. Die Kinder sind brav. Nur die Fische sind tot. Sie springen nicht mehr im Teich hinter dem Haus. Ihre Rücken glitzern nicht mehr. Wenn ich zur Wiese oberhalb des Forsthauses hinaufgehe. Meine Geschwister hocken mit einer Strafe im Kinderzimmer. Im Herbst wird der Dorfteich abgefischt. Die Fische zappeln im Schlamm. In Netzen verhängt. In Bottichen beengt. Rasch zu Tode gebracht. Auf Eis gelegt. Verfrachtet. Der Herbst schweigt sich für den Winter ein. Wenn die hüfthohen Stiefel ihre Arbeit tun. Bald ist der Winter im Waldviertel besiegelt. Und Frost und Schlaf.

Aus dem Schlafzimmer dringt eiliges Zurechtmachen. Der Bruder am Boden im Kinderzimmer. Ich liege auf dem Bruder. Nur die allerersten Tage war er größer als ich. Geschichten sind an die Wand gemalt. Weißhäutige Frauen. Die den Tod bringen. Schimmel im Plafondeck. Winterfrost. Der die Welt in Schweigen kleidet. Alles weit weg vor dem Einschlafen, sagt der Bruder. Die Mutter wird zur Königin. Wenn sie mit dem Vater zum Jägerball ausgeht. Sie kleidet sich in schimmerndes Dunkelblau und malt die Lippen rot. Die Mutter knistert. Draußen springt der Wagen an. Der Scheinwerferkegel füllt das Fenstergeviert für einen Augenblick mit Licht. Auf dem Ball dehnt sich die Nacht. Im Kinderzimmer tanzen Schneeweißchen und Rosenrot. Die schwarzen Schuhe der Eltern auf dem Tanzboden. Ich habe den Bruder aus den Augen verloren. Schreit er auf. Alles weit weg. Der Vater ist am Sonntagmorgen zufrieden. Die Frau des Forstmeisters ist betanzt worden. Und alle Tischdamen. Ich wage nicht. Den dunkelblauen Glanz am Kleiderkasten anzurühren.

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